Bestehen Worte aus Atomen? Ein ontologischer Spaziergang durch die Plaiv.

Kunst an der frischen Luft – Tipp 3: «Schnitzeljagd auf poesielose Poesie». Eine Kunst-Schnitzeljagd der Galerie Von Bartha.

Ist es nicht spannend, dass Worte erst losgelöst aus ihrem Kontext und ihrem üblichen Gebrauch, Sinn oder Unsinn machen? Erst das bewusste Stolpern über ein Wort, lässt den Betrachter über das Wort reflektieren. 

Parallel zur Ausstellung, die aktuell in den Räumlichkeiten der Galerie von Bartha in S-Chanf zu sehen ist, wanderten einige Kunstwerke aus den Gemäuern der Galerie, auf umliegende Mauern in S-chanf und Zuoz, als würde sogar diese Hängung flüstern wollen: „Bedeutungen von Werken und Worten können nicht in geschlossenen Räumen der etablierten Vorstellung festhalten werden“. 


Diesen Winter zeigt die Galerie Von Bartha eine Solo-Ausstellung des britischen Künstler-Duos John Wood & Paul Harrison, mit Werken aus den Bereichen Video, Malerei, Zeichnung, Audio, Print und Installationen. Sie inszeniert sich unter dem Titel «Words made of Atoms» auf Deutsch «Worte aus Atomen». Ein Schnellgeist merkt rasch: der Titel ist der Schlüssel zur nachdenklichen Erkundungsreise durch die Bedeutungsanalyse von Worten. Zu oft nämlich benutzen wir selbstverständliche, subtile, gar abstruse Worte, Wortschöpfungen oder Worte-aneinander-reihungen, ohne diese so wirklich gedankengegenwärtig zu hinterfragen… Was sind denn überhaupt «Worte aus Atome»? Sind nicht Worte per se einzigartig Schöpfungen, die nie-mals aus Atomen bestehen? Wenn wir überlegen, dass Atome die Fast-Ur-Baustein einer jeden Materie sind, sind wohl Worte, die entweder eine Verdeutlichung einer Idee entsprechen oder dem Schall, der aus einem Mund herauskommt, ja sogar niemals aus Atomen bestehend…. Ist die Ausstellung nun die poesieloseste Poesie oder gar der poetischste aller Unsinns?  Seit ihrer gemeinsamen Arbeitsaufnahme 1993 erkundet das Künstler-Duo John Wood & Paul Harrison die unendlichen Interpretier-Dimensionen der Worte und bestrebt eine «Enzyklopädie des Unsinns». Doch was ist auch „Unsinn“ ? ist Un-sinn gleich Unfug oder eher die Abstrahierung des offensichtlichen, nicht immer akkuraten Sinns……. 

Man begäbe sich also auf eine Schnitzeljagd des Sinns – worin sich viele seit 2020 sicherlich schon üben. Neu deklinierbar sind diese ontologische Spaziergänge durch das Engadin nun zwischen S-chanf und Zuoz, wo der Flanierer, versteckt auf Hausfassaden, Mauern und Schuppentüren, die Kunstwerke von John Wood & Paul Harrison suchen und finden – und sich mit Blick auf die Engadiner Weite überlegen kann, was es überhaupt zu bedeuten hat: «Words are made from various letters» … «just some words on a wall» … «these words make a sound in your head». 

Empfohlen wird, in der Galerie Von Bartha in S-chanf selbst zu starten und sich mit der Arbeit des Künstler Duos zu beschäftigen, und danach auf die Schnitzeljagd zu «Kunst an der Frischen Luft» von S-chanf nach Zuoz aufzubrechen.